Die Haltung von Tieren im Zirkus ist nur selten tierschutzgerecht. Es gibt eine Reihe von Problemen, die im Zusammenhang mit dem Mitführen von Wildtieren in reisenden Zirkussen stehen. Diese sind tierschutzfachliche bzw. tierschutzrechtliche Probleme, ordnungsrechtliche Probleme und tierschutzethische Probleme.
Markant ist jedoch das Kernproblem der Wildtierhaltung im Zirkus. Dieses Problem lässt sich auch nicht durch strengere Anforderung an die Haltung nennenswert verringern, denn es handelt sich um ein systemimmanentes Problem: Die Bereitstellung von ausreichend großen, ausbruchsicheren und gleichzeitig artgerecht ausgestatteten Gehegen kollidiert mit der Notwendigkeit zur fortwährenden Mobilität.
Die meisten Tiere, die in Zirkussen oder ähnlichen mobilen Einrichtungen gehalten werden, verbringen einen großen Teil ihres Lebens in engen Transportwagen oder wenig strukturierten Gehegen (bis zu 50 Ortwechsel pro Jahr, 20 Stunden jeweils). Diese kleinen mobilen Gehege bieten den Tieren meist nur stark eingeschränkte Beschäftigungs-, Bewegungs- und Rückzugsmöglichkeiten. Gerichtlich mehrfach bestätigt ist, dass diese Form der Haltung mit Leiden der Tiere verbunden ist.
Mit anderen Worten: Die Zirkustierhaltung ist ein Leben auf Rädern – eine tiergerechte Haltung unter diesen Bedingungen ist grundsätzlich als problematisch anzusehen. Bei vielen Tierarten ist sie unmöglich. U.E. gilt dies für Wildtiere, da sie im Vergleich zu domestizierten Tieren eine geringere Anpassungsfähigkeit an restriktive Haltungsbedingungen haben. Transport und Dressur können zusätzliche Belastungen für die Tiere darstellen.
Aber auch die Sicherheit bei der Haltung besonders gefährlicher Tiere ist eingeschränkt. So verfügt nur ein einziger Großzirkus über die Möglichkeit, Elefanten in Außenausläufen mit ausbruchssicheren Gitterelementen zu halten. Die große Anzahl entwichener Wildtiere aus Zirkussen sprechen für sich, die teilweise auch mit dem Tod von Unbeteiligten verbunden waren.
Bei all dieser Problematik wundert es nicht, dass sich bspw. die Bundestierärztekammer, der DNR (Dachverband von rund 100 Tier- und Naturschutzorganisationen) oder auch der WWF klar gegen eine Wildtierhaltung im Zirkus aussprechen. Auch 82 Prozent der Deutschen vertreten laut einer repräsentativen forsa-Umfrage vom Mai 2014 die Auffassung, dass Wildtiere im Zirkus nicht artgerecht gehalten werden können.
Seit 2003 versuchen die Bundesländer mittlerweile im dritten Anlauf das Mitführen bestimmter Wildtierarten in Zirkussen zu verbieten. Bislang nur mit schleppenden Erfolg. In Deutschland dürfen derzeit noch alle Wildtiere mitgeführt werden, da es keine rechtsverbindlichen Vorgaben gibt, die dies verhindern.
Aber im Vergleich zu Europa ist Deutschland eindeutig das Schlusslicht, obwohl hier die meisten Zirkusse in Europa existieren. Mehr als die Hälfte aller EU-Länder (bislang 17) haben bereits Verbote oder Einschränkungen erlassen, die von der EU als rechtskonform betrachtet werden.
Leidtragende sind in erster Linie die Tiere, aber auch die Kommunen mit ihren Veterinärämtern, die vor teils unlösbaren Aufgaben gestellt werden. Seit einigen Jahren regt sich hier jedoch Widerstrand: Aufgrund neuerer Rechtsprechung und Rechtsgutachten haben viele Städte in Deutschland entsprechende Einschränkungen bei der Platzvergabe ihrer Flächen erlassen. Wenn gewisse Vorgaben beachtet werden, sind die Einschränkungen rechtssicher.
Position und Forderungen des bmt
Es ist das ausdrückliche Ziel des bmt, die Situation aller Tiere in den Zirkusbetrieben grundlegend zu verbessern und langfristig einen weitgehenden Verzicht auf Tiere in der Manege zu erreichen. Die Haltung domestizierter Tiere, wie Hunde oder Pferde, in Zirkussen lehnen wir nicht generell ab, allerdings dürfen die Grundbedürfnisse und das Wohlbefinden der Tiere nicht eingeschränkt werden und eine tier- und verhaltensgerechte Unterbringung und Versorgung muss ebenso wie ein schonender Transport sichergestellt sein.
Weiter dürfen nur tiergerechte bzw. angst- und gewaltfreie Dressurmethoden zum Einsatz kommen. Die Haltung von Wildtieren in Zirkussen muss ausnahmslos verboten werden. Wildtiere gehören in ihren natürlichen Lebensraum und nicht in den Zirkus. Die Tiere leiden hier unter Beschäftigungslosigkeit und Langeweile, sind in viel zu kleinen Käfigen eingesperrt, ihre Bewegungsmöglichkeiten sind erheblich eingeschränkt und sie haben keine ausreichenden Sozialkontakte zu Artgenossen.
Die Haltung von exotischen Wildtieren in reisenden Zirkusbetrieben ist nicht akzeptabel, da die Tiere dort ihre artspezifischen Verhaltensweisen nicht ausleben können. Eine auch nur annähernd artgerechte Tierhaltung ist unter diesen Umständen nicht möglich. Es ist nicht einzusehen, Tiere solchen Bedingungen auszusetzen, nur um sie für Unterhaltungszwecke und zur Belustigung des Menschen zur Schau zu stellen.
Dabei liegt es nicht in der Absicht des bmt, die Menschen, die in einem Zirkus arbeiten und hier ihrem Beruf oder ihrer Berufung nachgehen, zu diskreditieren. Es liegt aber ebenfalls nicht in der Absicht des bmt, durch ungeeignete Kompromisse und falsch verstandene Romantik Tierquälerei zu tolerieren.
In den vergangenen Jahren hat der bmt immer wieder Tiger, Affen, Pferde und andere Tiere, die aus Zirkusunternehmen beschlagnahmt wurden, bei sich aufgenommen. Dabei können Sie uns mit einer Patenschaft unterstützen. Aufgrund seiner Erfahrungen mit der Beschlagnahmung exotischer Tiere aus Zirkusunternehmen hält der bmt es für zwingend notwendig, dass neben Affen, Elefanten und Bären auch für die Haltung von Großkatzen, Robben, Flusspferden und Giraffen in Zirkusunternehmen keine weiteren Genehmigungen mehr erteilt werden.
Eine Bundesverordnung für ein Haltungsverbot bestimmter Wildtierarten im Zirkus ist überfällig, da diese Tiere besonders hohe Ansprüche an ihre Haltung, Pflege und Ernährung stellen, die von einem reisenden Zirkusbetrieb nicht erfüllt werden können. Bisher stieß der Vollzug des Tierschutzgesetzes auf Landesebene immer wieder an seine Grenzen, inwiefern die neue Zirkusregisterverordnung die Einhaltung der Zirkusleitlinie und der relevanten Bestimmungen des Tierschutzgesetzes gewährleisten kann, wird die Praxis zeigen.
Der bmt setzt sich dafür ein, dass der Bundesratsbeschluss vollständig umgesetzt wird und eine daraus resultierende Verordnung zusätzlich um die oben genannten Tierarten erweitert wird, damit die problematische Haltung exotischer Tiere in Zirkusunternehmen bald der Vergangenheit angehört.
Von den Amtstierärzten fordern wir ein entschiedenes Durchgreifen bei Missständen in der Tierhaltung. Dafür müssen die Veterinärämter endlich in die Lage versetzt werden, die Tierschutzbestimmungen konsequent umzusetzen und gegebenenfalls Tiere auch zu beschlagnahmen. Deshalb müssen genügend adäquate Auffangeinrichtungen vorhanden sein, um die sichergestellten Tiere auch unterzubringen. Von den Landesregierungen fordern wir die Bereitstellung ausreichender Haushaltsmittel für die Einrichtung von Auffangstationen für exotische Wildtiere bzw. für die bessere Ausstattung bestehender Einrichtungen.