Nach wie vor wird der Schutz von Fischen vor Schmerzen, Leiden und Schäden in der Fischerei, beim Angelsport oder in der Aquakultur in Deutschland und Europa nur unzureichend rechtlich berücksichtigt. Dass der Gesetzgeber dem Leiden der Fische insgesamt wenig Beachtung schenkt mag daran liegen, dass Fische über keine Mimik verfügen und nicht – wie andere Wirbeltiere – Laute erzeugen können. Unbestritten ist jedoch, dass Fische leidensfähige Tiere sind. Ob Fische Schmerzen empfinden, ist noch nicht abschließend geklärt, da Schmerzen nicht objektiv messbar sind. Tatsache ist jedoch, dass Fische durch das Vorhandensein von Nervenendungen in der Haut und von Nozizeptoren die anatomischen Voraussetzungen besitzen, Schmerz aufzunehmen und weiterzuleiten. Zudem sprechen auch neuropharmakologische und biochemische Fakten für eine Schmerzwahrnehmung bei Fischen.
Da das Angeln in der bisherigen Form der Ausübung stets mit erheblichen Leiden der Tiere verbunden ist, eine zwingende Notwendigkeit des Menschen diese Freizeitbeschäftigung auszuüben nicht erkannt werden kann, sollte auf das Angeln grundsätzlich verzichtet werden.
Für das bestehende, jedoch unzureichende Tierschutzrecht ergeben sich daraus unter anderem folgende Mindestforderungen:
- Grundsätzlich sollte nur angeln dürfen, wer die gesetzlich vorgeschriebene Sachkunde durch eine entsprechende Prüfung nachgewiesen hat. Bestehende Ausnahmen aus rein wirtschaftlichen (sprich touristischen) Gründen für Personen, die über keinerlei Sachkunde verfügen- wie bspw. in Schleswig-Holstein, sind zu streichen.
- Die durch den Fischereischein dokumentierte Sachkunde des Fischers und Anglers entspricht nur dann dem derzeitigen Wissen- und Erkenntnisstand, wenn diese Sachkunde regelmäßig überprüft wird. Die bisher übliche Ausstellung des Fischereischeines auf Lebenszeit ist aus Sicht des Tierschutzes abzulehnen.
- Es ist aus ethischen, rechtlichen und pädagogischen Gründen abzulehnen, Kinder zu berechtigen, die Angelfischerei auszuüben, auch wenn dies mit Begleitung eines Fischereischeininhabers geschieht. Aus Sicht des bmt sollte das Mindestalter zum Angeln grundsätzlich auf 16 Jahre angehoben werden, unabhängig davon ob die Jugendlichen einen Fischereischein erwerben oder ohne Fischereischein in Begleitung eines volljährigen Fischereischeininhabers angeln. Zum Verständnis dieser Forderung hilft ein Blick auf vergleichbare rechtliche Regelungen. So dürfen Wirbeltiere nicht an Jugendliche bis zum vollendeten 16. Lebensjahr abgegeben werden (§ 11 c des TierSchG). Damit trägt der Gesetzgeber der großen Verantwortung, die mit der Haltung der Tiere verbunden ist, Rechnung. Da beim Fischfang und Angeln – und hier insbesondere das Töten von Wirbeltieren – nicht minder tierschutzrelevant ist, ist eine vergleichbare Messlatte hinsichtlich der sittlichen Reife bei Jugendlichen anzulegen. Nicht ohne Grund ist auch im Jagdrecht Jugendlichen erst ab dem 16. Lebensjahr erlaubt, in Begleitung eines erwachsenen Jagdscheinberechtigten zu jagen. Im Übrigen garantiert die reine Begleitpflicht auch nicht den tierschutzgerechten Umgang mit Fischen, denn sie ermöglicht es sogar, dass mehrere Kinder mit nur einer Begleitperson angeln können, der aufgrund dessen den ordnungsgemäßen Umgang mit den Tieren nicht überwachen und ggf. eingreifen kann. Das schnelle und schmerzlose Töten setzt vor allem Verantwortungsbewusstsein für das eigene Handeln sowie Achtung vor dem Mitgeschöpf Tier voraus. Kinder und Jugendliche haben häufig noch nicht genügend Lebenserfahrung, um verantwortungsvoll mit Tieren umzugehen, insbesondere wenn es sich um das tierschutzgerechte Töten von Wirbeltieren handelt.
- Angelveranstaltungen, bei denen die Teilnehmer Fische mit dem Ziel fangen, anhand der Menge der gefangenen Fische oder ihrer Größe Sieger und Platzierte im Wettbewerb zu ermitteln, und die Teilnehmer nachfolgend Auszeichnungen empfangen oder sich für weiterführende Wettbewerbe qualifizieren, sind aus ethischen und rechtlichen Gründen abzulehnen.
- Die Verwendung des Setzkeschers wird vom bmt abgelehnt. Denn die Lebendhälterung von Fischen im Setzkescher verursacht erhebliche Leiden, die auch bei einem Zeitraum von weniger als 2 Stunden als „länger anhaltend“ einzustufen sind. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Fische, die im Setzkescher gehältert wurden, signifikant veränderte physiologische Blutwerte (Hämoglobin, Hämatokrit Erythrozyten, Glykose, Lactat) aufweisen, die deutliche sekundäre und tertiäre Stressreaktionen infolge der Stressbelastung sind. Mit jedem weiteren Fisch im Setzkescher erhöht sich die Besatzdichte und die Unruhe und Belastung im Setzkescher nimmt zu. Im Setzkescher gehaltene Fische leiden unter fortgesetztem Stress und u.U. Atemnot. Hinzu kommt, dass der Setzkescher in der Regel im Gewässer nicht hinreichend fest und geschützt verankert werden kann, so dass er bei jeder Wellenbewegung z.B. infolge Schiffsverkehr hin und hergeworfen wird. Aus diesem Grund werden die Fische leicht gegen die Kescherwände geschleudert und leiden erneut an Stress. Dies zeigt, dass der Fisch als Wildtier die Hälterung in der Gefangenschaft als eine ihm zuwiderlaufende, instinktwidrige, seinem Selbsterhaltungstrieb lebensfeindliche Einwirkung und Beschränkung seines Wohlbefindens empfinden muss. Mit der Lebendhälterung werden den Tieren damit erhebliche, langanhaltende Leiden zugefügt. Das immer wieder vorgetragene Argument der Hälterung gefangener Fische aus Gründen der besseren Lebensmittequalität im Vergleich zu getöteten und kühl gelagerten Fischen geht faktisch und rechtlich ins Leere. Denn diese Beeinträchtigung ist unbedenklich und eher hinzunehmen als die den Fischen mit der Hälterung zugefügten Leiden. Ein vernünftiger Grund fehlt, weil genügend Möglichkeiten einer sinnvollen Lagerung von geschlachteten Fischen (z.B. in Kühltaschen) bestehen. Die Hälterung in Setzkeschern ist damit ein Verstoß gegen § 17 des Tierschutzgesetzes. Einzig zum Zwecke der Untersuchung von Fischen, der Gewinnung von Fischlaich sowie zum Zwecke des Umsetzens von Fischen bei gebotenen Hegemaßnahmen sind Ausnahmen vertretbar.
- Das bei vielen Veranstaltungen zu beobachtende Angeln und Wiederzurücksetzen von Fischen aus rein sportlichen Motiven, das so genannte Catch and Release, ist aus Sicht des bmt inakzeptabel, und ist als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz zu werten.