Schächten - Rechtliche Entwicklung

Bis heute ist es rechtlich nicht eindeutig geklärt, ob moslemische Mitbürger sich auf dieses Ausnahmerecht stützen können. Die gerichtlichen Entscheidungen sind da widersprüchlich.

Im Januar 2002 entschied das Bundesverfassungsgericht auf Klage eines moslemischen Metzgers, dass Gläubige eine Ausnahmegenehmigung zum betäubungslosen Schlachten erhalten können, sofern sie bei Antragstellung darlegen, dass ihr Glaube dies erfordere. Der „zwingende” Grund müsse nicht bewiesen werden.

Im Mai 2002, wurde insbesondere vor der Diskussion um das Schächten das Staatsziel Tierschutz im Grundgesetz verankert und damit dem Tierschutz Verfassungsrang eingeräumt. Die Belange des Tierschutzes müssen nunmehr mit den Grundrechten der Religions- und Berufsfreiheit in Ausgleich gebracht werden. Die Behörde muss prüfen, ob die Zufügung von Schmerzen und Leiden für die Ausübung einer religiösen Handlung noch gerechtfertigt ist und welche Auflagen erforderlich sind, um den Schutz des Tieres weit möglichst zu wahren.

Die Hoffnung des bmt und anderer Tierschutzverbände erfüllte sich leider nicht, dass diese rechtliche Aufwertung des Tierschutzes zu einem generellen Schächtverbot führen würde. Zumindest führte es aber zu einer strengeren Genehmigungspraxis in den Bundesländern. Die Länder verlangen unter anderem, dass der Antragsteller zweifelsfrei nachweist, dass sein Glaube tatsächlich das betäubungslose Töten des Tieres fordert. Die „zwingende“ Begründung, deren Notwendigkeit das Bundesverfassungsgericht noch 2002 verneint hatte, ist damit zunächst wieder hergestellt.

Weiterhin muss der Metzger, der den Antrag stellt, seine Sachkunde und seine persönliche Eignung in Bezug auf die besonderen Fertigkeiten des Schächtens nachweisen. Auch Angaben zum Personenkreis, für den geschächtet werden soll und dessen bisherige Fleischversorgung, sind erforderlich, genauso wie Angaben zur Anzahl und Art der Tiere im Verhältnis zur Anzahl der Personen für die geschächtet wird. Gegebenenfalls kann eine Erklärung zum Verbleib des Fleisches verlangt werden.

Im November 2006 entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, dass trotz der Verankerung des Staatsziels Tierschutz im Grundgesetz Religionsvertretern eine Ausnahmegenehmigung zum betäubungslosen Schlachten erteilt werden muss. Es sei nun am Gesetzgeber, das Tierschutzgesetz so zu ändern, dass dem Staatsziel Tierschutz Rechnung getragen wird.

Der bmt sieht dieses Urteil als Aufforderung an die Politik, nun auch die notwendigen Änderungen des Tierschutzgesetzes, also die Streichung des § 4a Abs. 2, in die Wege zu leiten. Bislang gibt es jedoch keinen entsprechenden Vorstoß bspw. von Seiten des Bundeslandwirtschaftsministeriums.

Im Jahr 2007 starteten die Länder Hessen und Schleswig-Holstein eine Gesetzesinitiative zur Änderung des Tierschutzgesetzes. Allerdings soll die Ausnahmegenehmigung demnach zwar nicht entfallen, aber dem Staatsziel Tierschutz durch eine Verschärfung der Bedingungen vermehrt Rechnung getragen werden. Auch diese Änderungsvorschläge wurden bis heute nicht umgesetzt.