Kaninchen werden zu höchst unterschiedlichen Zwecken gehalten, zur Fleischgewinnung, zur Erzeugung von Wolle, für Tierversuche, für die Rassezucht und als Heimtiere. Gleichwohl entspricht ihr Verhalten, trotz Domestikation, dem von Wildkaninchen. So zählt zu den amtlich anerkannten arteigenen Bedürfnissen der Tiere u.a. der Hoppelsprung, Liegen in der Seitenlage, Sozialkontakte, Nagebedürfnis und Rauhfutteraufnahme.
Erst seit 2014 und nach kontroversen Debatten wurde die Haltung von Kaninchen näher geregelt. Nun gibt es in der Tierschutznutztierhaltungsverordnung (TierSchNutzV) einen eigenen Abschnitt hierzu. Dies ist zwar aus Sicht des bmt zu begrüßen, allerdings wären aus Sicht des Tierschutzes deutlich höhere Anforderungen an eine tiergerechte Haltung notwendig. So ist auch weiterhin die Haltung in Käfigen erlaubt, bei vielen Verbesserungen gibt es auch sehr großzügige Übergangsfristen. So ist sogar noch die Einzelhaltung von Mastkaninchen erst 2019 untersagt.
Die Haltung von Mastkaninchen erfolgt in der Regel in Metallkäfigen, die oft mehrstöckig übereinandergestapelt sind. Diese sind von allen Seiten einsehbar und bieten den Kaninchen weder Rückzugs- und Versteckmöglichkeiten noch sonstige Strukturierung. Der einstreulose Gitterboden führt häufig zu Wunden an den Läufen der Tiere. Zudem wird den Tieren kaum Platz zugestanden: Die Käfige weisen üblicherweise eine Höhe von 30-40 cm auf und enthalten Gruppen von bis zu 8 Tieren. Jedem einzelnen Kaninchen steht in der Endmast je nach Anzahl der gehaltenen Tiere zwischen 1.500 und 700 cm² nutzbare Bodenfläche zur Verfügung; zu wenig, damit die Tiere sich natürlich fortbewegen können.
Ein großes Problem stellen aber auch die vielen Hobbykaninchenhalter dar. Immer noch halten und präsentieren sie ihre Tiere in kleinen, unstrukturierten Käfigen, wobei adulte Tiere idR einzeln gehalten werden. Da Kaninchen hoch sozial lebende Tiere mit einem ausgeprägten Bewegungsdrang sind („Fluchttiere“), sind diese Haltungen als grundsätzlich tierschutzwidrig zu werten.
Konkrete rechtsverbindliche Haltungsvorschriften existieren zwar derzeit nur für Kaninchen, die zu Erwerbszwecken gehalten werden (s.o.). Eine vom Zentralverband Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter (ZDRK) erstellte Richtlinie für die Haltung und Zucht von Rasse-Kaninchen vom 25.02.2013, auf die auf den Webseiten von Kaninchenzüchtern häufig hingewiesen wird, suggeriert sogar, dass zumindest Rassekaninchenzüchter per se nicht von den Regelungen der TierSchNutzV betroffen seien. Gleichwohl ist nach Auskunft der Bundesregierung (BR Dr. 10/14) von einem Erwerbszweck in der Regel schon dann auszugehen, „wenn die Haltung und/oder Zucht der Kaninchen über die Nutzung zum eigenen Bedarf (etwa ein Schlachtkörper pro Woche) hinausgeht und der Tierbestand einen geringen Umfang übersteigt. Bei der Abschätzung, in welchem Umfang Tiere für die Abgabe zur Verfügung stehen, kann aus Sicht der Bundesregierung zur Orientierung davon ausgegangen werden, dass je Häsin bei der Rasse- oder Hobbykaninchenzucht durchschnittlich etwa 20 Jungtiere pro Jahr erzeugt werden. Der Anteil der für die Mast ausgewählten Jungtiere variiert von Züchter zu Züchter. Ob die Tiere, die weder zur Zucht noch für den Eigenbedarf verwendet werden, gegen Entgelt an Dritte abgegeben werden, ist von der Behörde vor Ort festzustellen. Ein Hinweis auf einen größeren Umfang einer solchen Abgabe könnte vorliegen, wenn die Zahl dieser Tiere regelmäßig deutlich über der Anzahl der für den Eigenbedarf liegt.“
So gesehen, fallen auch die meisten Tierbestände der Rasse- und Hobbykaninchenzüchter unter die Regelungen der TierSchNutzV.
Bedenklich ist ebenfalls, dass in der o.g. Richtlinie der ZDRK darauf hinweist, dass bei der Rassenkaninchenzucht „eine artgemäße Gruppenhaltung durchgehend nicht realisierbar“ bzw. die „Einzelhaltung bewährter Zuchtrammler und Zuchthäsinnen …unverzichtbar“ sei.
Zwar toleriert der Gesetzgeber offensichtlich die Einzelhaltung von adulten Kaninchen bei einer erwerbsmäßigen Haltung der Rassekaninchenzucht. Aber selbst dies ist tierschutzrechtlich kaum nachvollziehbar, da das Sozialverhalten von Kaninchen ein wesentliches Grundbedürfnis darstellt und tierschutzgerechtere Alternativen bestehen, die jedoch andere Gehegegrößen und eine bessere Strukturierung der Gehege – wie ausreichende Rückzugsmöglichkeiten) voraussetzen würden.
Der bmt fordert daher, dass eine länger anhaltende Einzelhaltung für hobbymäßig gehaltene adulte Rassekaninchen tierschutzrechtlich klar unterbunden wird, da im Gegensatz zur erwerbsmäßigen Haltung keine nennenswerten gemeinwirtschaftlichen Argumente angeführt werden können.
Aus Sicht des bmt müssen bei der Beurteilung kleinerer Hobbykaninchenzucht- und mastbetriebe bzw. der privaten Haltung von Kaninchen die Vorgaben der TierSchNutzV zumindest als Maßstab zur Interpretation von § 2 TierSchG herangezogen werden. Im Unterschied zu den Anforderungen an die erwerbsmäßigen Haltungen, sind die Tiere jedoch grundsätzlich paarweise oder in Gruppen zu halten, es sein denn, es liegt eine tierärztliche Indikation vor. Zudem sollte insbesondere sichergestellt sein, dass die Tiere in gut strukturierten Gehegen gehalten werden (u.a. erhöhte Liegebretter), ihren Bewegungsdrang ausleben können und das die Verhaltensweisen Hoppeln, Hakenschlagen oder sich auf die Hinterläufe aufrichten in den Gehegen ungehindert möglich ist.