Sogar die Geflügelbranche hat gemerkt, dass sie mehr unternehmen muss, als nur ihr bisheriges Agieren zu verteidigen. Mit dem aktuellen Slogan der deutschen Geflügelbranche, „Wir wollen das beste Geflügelland der Welt sein“, ist die angestrebte Messlatte nicht gerade klein. Aber bislang kann die Branche nicht überzeugen, dass sie die notwendige Kehrtwende zugunsten des Tierschutzes einleitet. So gab sie vor einem Jahr eine Studie beim Handelsblatt Research Institute in die Rechtsvorschriften, Richtwerte und sonstige Vereinbarungen, die für die Erzeugung von Geflügelfleisch relevant sind, von insgesamt 16 Ländern miteinander vergleicht.
Verkürzt dargestellt vermittelt die Studie den Eindruck, dass Deutschland im Bereich der Geflügelhaltung, insbesondere tierschutzrechtlich, sehr gut aufgestellt sei. Deshalb könne aufgrund befürchteter Wettbewerbsnachteile auf eine weitere Anhebung der Standards verzichtet werden. Da hier die realen Erzeugungsbedingungen mit den hohen Verlustzahlen oder dem Medikamenteneinsatz gar nicht miteinbezogen wurden, verpufft diese Studie als PR-Aktion. Denn für den Verbraucher dürfte es letztendlich bei seiner Kaufentscheidung nicht wirklich relevant sein, welches Ranking sein Land bei den Standards im internationalen Vergleich einnimmt, sondern wie sich nationale Rechtsvorschriften konkret auf das Wohl des Einzeltieres auswirken.
Gleichwohl heißt es in der von der Geflügelwirtschaft veröffentlichten „Geflügel- Charta 2015“: „Wir haben verstanden, dass wir in der Vergangenheit als Branche nicht immer transparent genug waren, wie wir arbeiten. Wir haben daraus gelernt und gehen einen neuen Weg in Richtung Offenheit, Transparenz und Dialog.“ Erfreulich ist, dass dieser Dialog auch mit Tierschutzverbänden wohl ernsthaft gewollt ist. So nahm der bmt auf Einladung der Masthähnchenhalter im Mai 2016 an einer Podiumsdiskussion in Regensburg teil, in deren Rahmen auch die Tierschutzprobleme der Masthähnchenhaltung kritisch und kontrovers thematisiert wurden.
Auch bei einem kürzlich stattgefundenen Treffen mit der Landesvorsitzenden des Masthähnchenverbandes in Mecklenburg-Vorpommern, die selber drei große Masthühnerställe mit bis zu 30.000 Tieren betreibt, konnte ein offener Dialog geführt werden. Wenn auch die dortige Haltung der Hühner noch weit davon entfernt ist, was der bmt als tiergerecht bezeichnen würde, ist doch erfreulich festzustellen, dass man erkennbar an Verbesserungen in der Tierhaltung arbeiten möchte.
Das Tierwohl in der Geflügelhaltung steht somit keineswegs am Ende seiner praktischen und rechtlichen Möglichkeiten, sondern erst am Anfang. Doch all der angekündigten Bereitschaft zu Veränderungen müssen natürlich auch irgendwann Taten folgen.