bmt-Pressemitteilung vom 08.12.2023
Seit Jahrzehnten fordern Tierschutzverbände und auch die Bürger Europas eindringlich substanzielle Verbesserungen bei Tiertransporten. Gestern veröffentlichte die EU-Kommission schließlich einen Vorschlag zur Überarbeitung des mittlerweile 20 Jahre alten Tiertransportrechts. Trotz positiver Ansätze reichen die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht aus, um Tierleid bei Transporten zu verhindern.
Neben den Inlandstransporten passieren jährlich allein über 1,3 Milliarden Tiere eine europäische Landesgrenze. Für weitere über 200 Millionen Rinder, Schafe, Hühner und andere Tiere liegen die Ziele außerhalb der EU und bis zu tausende Kilometer entfernt. Die erheblichen Missstände während der teils tage- oder wochenlangen Tiertransporte sind durch Presse, TV-Dokumentationen und Tierschutzorganisationen umfänglich dokumentiert. Schätzungen nach erliegen rund zwei bis drei Prozent der Tiere den prekären Bedingungen während des Transports.
Einer der am meisten kritisierten Missstände ist die Transportdauer. So existiert bislang keine absolute Begrenzung für die Dauer von sogenannten Schlachttiertransporten. Laut dem aktuellen Vorschlag sollen künftig zur Schlachtung bestimmte Tiere nur noch maximal neun Stunden transportiert werden. Dies gilt jedoch nicht für die riesige Zahl der übrigen Tiere, die weiterhin selbst über weite Strecken und bis in Staaten außerhalb Europas transportiert werden dürfen. Der bmt e.V. zeigt sich insbesondere enttäuscht darüber, dass die hohe und allgemein bekannte Tierschutzrelevanz der Schiffstiertransporte nicht hinreichend berücksichtigt wird. Die Transportzeit auf Schiffen, die zumeist völlig überaltert und schrottreif sind, soll der EU-Kommission nach auch künftig nicht als Beförderungszeit angerechnet werden. Das sind bei einer Überfahrt von Spanien bis in den Libanon immerhin rund zehn Tage.
Positiv hervorzuheben ist die geplante leichte Erhöhung der Platzvorgaben für die unterschiedlichen Tierarten. Zudem beinhaltet der Vorschlag der EU-Kommission eine weitere Beschränkung des Transports bei extremen Temperaturen. Auch darin, das Mindestalter für Transporte sehr junger Kälber anzuheben, sieht der bmt e.V. einen positiven Ansatz, der jedoch nicht ausreicht und die spezielle Biologie der Tiere nicht berücksichtigt. Erst im September forderte bmt-Vorsitzender Karsten Plücker in einer Petition den Deutschen Bundestag auf, den Transport nicht-entwöhnter Kälber zu verbieten. Tausende Bürger schlossen sich dieser Forderung an. Einer der Gründe ist die Tatsache, dass das Immunsystem der Tiere frühestens ab der achten Woche ausreichend entwickelt ist, um Infektionen abzuwehren. Dies berücksichtigt der gestrige Vorschlag, Kälbertransporte in der EU ab der fünften Woche zu erlauben, jedoch nicht.
„Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen werden trotz punktueller Verbesserungen am millionenfachen Tierleid bei Tiertransporten wenig ändern“, so Karsten Plücker, Vorsitzender des bmt e.V. Plücker ergänzt: „Deutschland ist in der Pflicht, seine Möglichkeiten für mehr Tierschutz im nationalen Transportrecht auszuschöpfen, zumal der Tierschutz in Deutschland als Staatsziel im Grundgesetz verankert ist. So muss Deutschland Lebendtiertransporte in sogenannte Hochrisikostaaten außerhalb der EU untersagen.“
Dies ist auch der Grund, warum das BMEL dieser Tage vermehrt Ansichtskarten mit
Grüßen aus dem Mittelmeer erhält. Absender sind Tierfreundinnen und Tierfreunde, die gemeinsam mit dem bmt e.V. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir mit einer Flut an Postkarten dazu auffordern, alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um Tiertransporte in Drittstaaten zu untersagen. Neben der Tortur, die diese langen Transporte bedeuten, erwarten die Tiere in vielen Zielländern grausame Tötungsmethoden in den Schlachthäusern vor Ort. So sprach sich auch Cem Özdemir bereits mehrfach gegen diese Langstreckentransporte aus. Solange die EU nicht entsprechend handelt, muss Deutschland mit einem nationalen Exportverbot als Vorbild in Europa vorangehen.
Weitere Informationen über Tiertransporte, das Engagement des bmt e.V. und Fakten zum Download:
www.stoppttiertransporte.de