Neues Konzept für Wildtiere im Zirkus: Geheime Verhandlungen zwischen Zirkusbranche und Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft

Gemeinsame Pressemeldung

Neues Konzept für Wildtiere im Zirkus: Geheime Verhandlungen zwischen Zirkusbranche und Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft
Zehn Tier- und Artenschutzverbände fordern Landwirtschaftsministerin Klöckner auf, Inhalte offenzulegen und die Organisationen zu beteiligen

Berlin, 23.08.2019 - Um neue Regelungen für die zukünftige Haltung von Wildtieren im Zirkus zu erarbeiten, steht das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) seit dem vergangenen Sommer in einem geheimen Austausch mit der Zirkusbranche.  
Bei mehreren Treffen kamen Zirkusdirektoren und Verantwortliche des Ministeriums zusammen. Bei einem für den 4. Juli anberaumten Treffen sollten die Zirkusvertreter sogar ein eigenes Konzept als Diskussionsgrundlage vorlegen dürfen, wie die Haltung von Tieren im Zirkus künftig zu gestalten sei.

In einem Schreiben an Bundesministerin Julia Klöckner fordern nun der Deutsche Naturschutzring und die Tier- und Artenschutzorganisationen animal public, Bund gegen Missbrauch der Tiere, Bundesverband Tierschutz, Deutscher Tierschutzbund, NABU, PETA, Pro Wildlife, Vier Pfoten und das Vogelschutz Komitee das von der Zirkusbranche vorgelegte Konzept einsehen und kommentieren zu können sowie an den Gesprächen künftig beteiligt zu werden.

„Wenn das Bundeslandwirtschaftsministerium geheime Verhandlungen mit Zirkusvertretern führt und dabei die Tier- und Artenschutzorganisationen bewusst ausschließt, sind keine guten Ergebnisse im Sinne der Tiere zu erwarten. Dass genau die Zirkusbranche, die seit Jahrzehnten den Tierschutz mit Füßen tritt, sogar ihr eigenes Konzept für die Neuregelung vorlegen darf, zeigt einmal mehr die lobbynahe Einstellung von Bundesministerin Julia Klöckner. Es kann nicht sein, dass nicht mehr zeitgemäße „Traditionen“ vor die Bedürfnisse leidender Lebewesen gestellt werden“, so Undine Kurth, Vizepräsidentin des Deutschen Naturschutzrings.

Die Tier- und Artenschutzorganisationen sprechen sich für ein umfassendes Verbot von Wildtieren im Zirkus aus, da die Bedingungen für die Tiere in reisenden Zirkusbetrieben systembedingt nicht mit dem Tierschutz vereinbar sind. Auch der Bundesrat forderte 2016 in seiner bereits dritten Entschließung die Bundesregierung auf, die Haltung von Wildtieren im Zirkus zu verbieten. Im April 2019 schlossen sich die für den Tierschutz zuständigen Agrarminister der Länder auf der Agrarministerkonferenz in Landau in einer gemeinsamen Erklärung der Forderung des Bundesrats an. Im Herbst dieses Jahres befasst sich der Bundestag mit einem Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, Wildtiere im Zirkus zu verbieten (Drucksache 19/7057).

Hintergrund:
In reisenden Zirkusbetrieben sind die Bedingungen für Wildtiere grundsätzlich nicht mit dem Tierschutz vereinbar. Neben dem Verbot von Wildtieren fordern Tierschützer außerdem schon lange tierschutzgerechte verbindliche Haltungsvorgaben für domestizierte Tiere. Für alle Tiere im Zirkus gelten derzeit geringere Vorgaben als für deren Artgenossen in Zoos, Tierparks oder in Privathaltung. Die bereits 2010 initiierte Überarbeitung der sogenannten Zirkusleitlinien liegt seither auf Eis, da das Thema „Wildtierverbot“ von den jeweiligen Bundesagrarministern blockiert wurde.  Auch der Bundesrat forderte 2016 in seiner bereits dritten Entschließung die Bundesregierung auf, Wildtiere im Zirkus zu verbieten. Im April 2019 schlossen sich die Agrarminister der Länder auf der Agrarministerkonferenz in Landau in einer gemeinsamen Erklärung der Forderung des Bundesrats an. Im Herbst dieses Jahres wird sich der Bundestag mit einem Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, Wildtiere im Zirkus zu verbieten, befassen. (Drucksache 19/7057).